Konsens

Was braucht es für Konsens? Wie kannst du sicher sein, dass dein Gegenüber das will, was ihr gerade macht und wieso da auch viele Erwachsene noch ganz viel dazu lernen können.

Ja heisst ja. Nein heisst nein. Vielleicht heisst nicht ja.

Konsens (englisch “consent”) bedeutet in Deutsch Zustimmung, oder Einvernehmlichkeit. Das ist die einzige Regel, die in Sachen Sex immer und überall gilt! Alle beteiligten Personen müssen mit einer sexuellen Handlung einverstanden sein.

Konsens

  1. Konsens funktioniert am besten mündlich, geht aber auch mit Körpersprache.
  2. Konsens kann jederzeit zurückgezogen werden.
  3. Wenn kein Konsens da ist und jemand trotzdem weiterfährt oder anfängt ist das sexuelle Gewalt.
  4. Höre auf deine innere Ampel: grün=go, orange=warte, rot=höre auf
  5. Zum Konsens gehört auch, über mögliche STIs Bescheid zu wissen.
  6. Manchmal passieren auch sogenannte Zustimmungsunfälle, die nicht beabsichtigt sind, aber trotzdem (wie bei einem Autounfall auch) sehr verletzend sein können.

1. Konsens funktio­niert am besten mündlich, geht aber auch mit Körper­sprache.

Manche finden, bei Sex sollte man nicht zu viel labern, sondern einfach wild drauflos vögeln. Was in Filmen oft sehr erotisch und sexy daherkommt führt in der Realität leider oft dazu, dass die Grenze von jemandem überschritten wird oder sich etwas total doof anfühlt.

Sex ist wie Pizza essen. Manche mögen Ananas auf der Pizza, viele mögen das nicht. Das siehst du einer Person aber nicht an. Vielleicht hat sie sogar eine Ananas-Allergie. Auch das solltest du nicht erst herausfinden, wenn du der Person eine Ananas in den Rachen schiebst.

Genauso solltet ihr miteinander reden, worauf ihr steht und was gar nicht geht. Klar geht das auch mit der Körpersprache. Wenn sich jemand wegdreht, ganz ruhig wird und abwesend wirkt, dann ist das sicher kein gutes Zeichen. Vielleicht ist es aber auch schon zu spät und du hast gerade eine Grenze (unwillentlich) überschritten. Das Schöne am Sex ist, dass wir uns sehr nah sind. Diese Nähe macht uns aber auch sehr verletzlich. Du weisst nie, was eine Person in der Vergangenheit bereits erlebt hat. Für dich scheinbar “harmlose” Berührungen können bei deinem Gegenüber eine unschöne Erinnerung auslösen. Das nennt man Trigger (englisch für Auslöser).

Darüber zu sprechen, was dir und deinem Gegenüber gefällt kann auch sehr sexy sein und vor allem wird der Sex in der Regel viel besser, wenn ihr euch gegenseitig mitteilt wo und wie ihr gerne berührt werdet und auf was ihr sonst noch alles so steht.
Im Internet gibt es dafür tolle Listen, wie z.B. diese hier von queer*topia. Die mit einer Person durchzugehen mit der man Sex hat kann sehr erotisch sein und auch den Horizont erweitern:

2. Konsens kann jeder­zeit zurück­ge­zogen werden.

Wer A sagt muss nicht B sagen. Und du kannst es dir auch jederzeit (!) anders überlegen und dein A zurück ziehen. Das mag nervig sein, aber ist sehr wichtig. Viele glauben zum Beispiel, wenn sie nach dem Ausgang mit jemandem nach Hause gehen, dass das bedeutet, dass man Sex haben muss. Das stimmt nicht. Du allein entscheidest, worauf du Lust hast. 

Konsens ist so wie Tee trinken 😉

3. Wenn kein Konsens da ist und jemand trotzdem weiter­fährt oder anfängt ist das sexuelle Gewalt.

Das Schweizerische Strafgesetz bezeichnet eine Vergewaltigung ausschliesslich wenn “eine Person weiblichen Geschlechts zum Beischlaf” genötigt wird. Aktuell (Stand Februar 23) gilt die sogenannte Widerstandslösung.  

Eine Person (weiblichen Geschlechts) muss sich aktiv gegen eine sexuelle Handlung wehren, damit diese als Vergewaltigung vor Gericht gewertet wird. Das ist erstens schwierig und zweitens gibt es auch Menschen, die in einer Gefahrensituation erstarren und einfach gar nichts tun oder sagen. Deshalb wird aktuell im Parlament diskutiert, wie man das besser lösen kann. Auch die unnötige Unterscheidung zwischen dem Geschlecht des Opfers und der Art der sexuellen Nötigung soll es künftig nicht mehr geben.

Unabhängig wie Gerichte das bewerten ist Sex ohne Zustimmung kein Sex sondern Gewalt. Du trägst keinerlei Schuld, wenn dir das passiert! Egal was du anhast. Egal was du angeblich für Signale sendest. Du hast keine Schuld. Lass dich von einer Fachstelle, zum Beispiel einer anerkannten Opferhilfe Beratungsstelle in deiner Nähe beraten.

Eine Liste mit diesen Fachstellen findest du hier.

4. Höre auf deine innere Ampel: grün=go, orange=warte, rot=höre auf

Deine innere Ampel ist dein Wegweiser. Höre auf sie und vergewissere dich immer wieder, wo die innere Ampel deines Gegenübers steht. Am sichersten kannst du das tun, indem du verbal nachfragst: Magst du das? Fühlt sich das gut an? Hast du (noch) Lust? Möchtest du lieber etwas anderes machen? Soll ich weitermachen?

Du kannst aber meistens auch an der Körpersprache deines Gegenübers lesen, wo die innere Ampel gerade steht. Dreht sich die Person zu dir, ist sie aktiv dabei, macht sie lustvolle Geräusche und ist ihre Körperhaltung einladend und sagt “ich will mehr davon”, dann kannst du davon ausgehen, dass die innere Ampel auf Grün steht. Ist die Person eher verkrampft, schaut von dir weg, wirkt abwesend oder macht sogar ein schmerzverzerrtes Gesicht, dann steht die Ampel ziemlich sicher auf Rot oder zumindest Orange. Frage in jedem Fall nach, wenn du unsicher bist.

Orange kann ein verwirrendes Gefühl sein. Lass auch diesem Gefühl Raum. Gib dir etwas Zeit um herauszufinden, in welche Richtung sich das Gefühl bewegt oder was du brauchst, um wieder klar auf Grün zu schalten. Gönn dir/euch eine kurze Pause. Du könntest zum Beispiel kurz auf die Toilette gehen. Das gibt dir ein Time-Out für dich alleine. Oder besprich dein Gefühl offen mit deinem Gegenüber. Gefühle müssen nicht immer klar sein. Ein cooles Gegenüber versteht das und reagiert nicht genervt. Wenn doch, ist der Fall klar. Zeig die rote Karte und beende die Situation…

Hannah Tulnik

Hannah Tulnik

Hannah Tulnik ist Content Creatorin aus Österreich. Innerhalb von kurzer Zeit hat sie sich bei TIKTOK eine grosse Community aufgebaut. Mit ihrer authentischen, sympathischen Art verzaubert sie ihre Fans auf Social Media und auch uns.

«Weil GummiLove aufklärt und dabei auch noch cool ist.»

5. Zum Konsens gehört auch, über mögliche STIs Bescheid zu wissen.

Sich mit einer STI (sexuell übertragbaren Infektion) anzustecken ist nicht cool. Noch viel uncooler ist es, jemand anderen damit anzustecken. Das kann ganz schön unangenehm sein, wenn man die Person dann im Nachhinein benachrichtigen muss, dass du sie womöglich angesteckt hast. 

Wenn du weisst, dass du eine STI hast und es deinem Gegenüber verheimlichst und keine geeigneten Schutzmassnahmen wie z.B. ein Kondom verwendest, kann das sogar als Körperverletzung gelten. Damit machst du dich also strafbar. 

So oder so sollte ich wissen, worauf ich mich einlasse. Ich kann nur zustimmen, wenn ich Bescheid weiß. Also lass dich regelmäßig testen und informiere Menschen mit denen du Sex hast, wann du dich das letzte Mal hast testen lassen uns welche Risiken du seither eingegangen bist.

6. Manchmal passieren auch sogenannte Zustim­mungs­un­fälle, die nicht beabsich­tigt sind, aber trotzdem (wie bei einem Autoun­fall auch) sehr verlet­zend sein können.

Es kann (leider) passieren, dass eine Grenze unabsichtlich überschritten wird. Etwas war gut gemeint. Ist aber beim Gegenüber nicht gut angekommen. Dann kann man von einem Zustimmungsunfall sprechen. Zustimmungsunfälle passieren während einer eigentlich gewünschten Interaktion. Also ihr wollt zusammen schmusen, fummeln Sex haben, aber eine bestimmte Berührung oder z.B. eine Stellung geht der anderen Person zu weit oder erinnert sie an etwas schlechtes.

Zustimmungsunfälle können verschiedene Gründe haben. Signale wurden übersehen oder falsch gedeutet. Vielleicht wurde gar nicht nachgefragt. Vielleicht war es ein Missverständnis.

Der grosse Unterschied zu sexueller Gewalt, ist:

  • Sie ist nicht beabsichtigt
  • Die Person ist offen, daraus zu lernen
  • Eine Wiederholung findet nicht statt

Der Zustimmungsunfall ist kein Freipass für Grenzverletzungen! Es geht nicht darum einfach zu sagen "Upps, das wollte ich nicht.” Es ist aber auch wichtig zu akzeptieren, dass Menschen auch mal Fehler machen und Unfälle nun einmal passieren. Nachfragen, zusammen reden, klar im Kopf und präsent sein, helfen Unfälle zu vermeiden.Schau dir das Video zum Zustimmungsunfalls von "imagining desires” an:

Es gibt ein paar Esels­brücken, die dir helfen können, Konsens besser zu verstehen und dir zu merken:

Kein Zwang, nur freiwillig! Die Zustimmung ist eine Entscheidung, die ohne Druck, Manipulation oder unter dem Einfluss von Drogen oder Alkohol getroffen wird.

Unbestimmt, abänderbar, umkehrbar, erneuerbar! Jede*r kann die Meinung jederzeit ändern. Selbst wenn schon einmal geküsst wurde und selbst wenn beide schon am Knutschen sind, wenn eine Person nicht mehr möchte, kann sie jederzeit aufhören

Sprechen; Du kannst bei etwas nur zustimmen, wenn du die ganze Geschichte kennst. Wenn zum Beispiel jemand sagt, dass es nur ein einfacher Kuss auf die Lippen wird und dies danach nicht einhält, weil die Person dich plötzlich mit Zunge küsst, gibt es keine vollständige Zustimmung.

Schwärmerei und Individualität; Wenn es um Küssen, Schmusen, Chatten oder Sex geht, solltest du nur Dinge tun, die du tun möchtest und nicht Dinge, von denen du glaubst, dass du sie tun solltest. Dazu musst du auf dein inneres Gefühl achten und Ja zu einer Sache sagen (wie zum Beispiel ins Schlafzimmer zu gehen, um rumzuknutschen) bedeutet nicht, dass du zu anderen Dingen Ja gesagt hast (wie Oralverkehr).

oder 

F-R-E-I-E-S JA

F: Freiwillig

Aus freien Stücken. Die Zustimmung ist eine Entscheidung, die du ohne Druck, Manipulation oder Gewalt(androhung) triffst.

R: Reversibel

Umkehrbar. Du kannst deine Meinung über das, was du tun möchtest, jederzeit ändern. Auch “mittendrin” oder kurz davor.

E: Ehrlich

Vor allem dir gegenüber solltest du unbedingt ehrlich sein. Hör gut auf deine innere Ampel.

I: Informiert

Man kann einer Sache nur zustimmen, wenn man die ganze Geschichte kennt. Dazu gehören auch Themen wie STI (Geschlechtskrankheiten), Verhütung und Beziehungsstatus.

E: Einwilligungsfähig

Ein Person, die schläft, bewusstlos ist oder unter dem Einfluss von Drogen oder Alkohol steht,  oder aus anderen Gründen nicht “einwilligungsfähig” ist, kann zu Sex nicht zustimmen.

S: Spezifisch.

Wenn du zu einer Sache ja sagst (z. B. zum Knutschen), bedeutet das nicht, dass du auch zu anderen Dingen ja sagst (z. B. zum Sex).

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1) Was heisst consent auf Deutsch?
2) Sex ohne Zustimmung/Konsens ist:
3) Was kann ein Anzeichen dafür sein, dass jemand nicht zustimmt?
4) Muss Konsens auch in langfristigen Beziehungen noch erfragt werden?
5) Sollte ich meinem Gegenüber von einer STI erzählen bevor wir Sex haben?
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